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Erkenntnis – der Anfang

Die Erkenntnis der Menschheit, die uns in der Bibel überliefert ist, war eine traumatische Erfahrung, die die Menschen alles kostete, was wertvoll war in ihrem Leben. Mitten im Paradies stand der verbotene Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Es ist ein seltsamer Baum und ich kann mir kaum vorstellen, welche Erkenntnis er gegeben hat. Gut und Böse sind moralische Qualitäten und ich kann mir kein Leben vor dem Essen der Frucht vorstellen. Es muss ein Leben ohne Moral gewesen sein, aber dennoch nicht negativ, denn die Menschen lebten im Paradies. Offenbar lag über allem ein Mantel der Unschuld; man musste sich keine Gedanken machen ob das, was man tat gut oder böse ist, man tat einfach und es war gut.
Diese Entspanntheit fehlt heute völlig. Die Frage nach Gut und Böse ist in allem drin, was Menschen tun. Man macht sich immer Gedanken über die Folge und die Motivation von Handlungen und begeht selbst bei bester Prüfung noch Fehler. Keiner geht mehr über diese Welt ohne sich schuldig zu machen und in letzter Konsequenz wirkt sich fast alles was man tut negativ auf Andere aus – und sei es nur, weil man etwas Besseres hätte tun können. Ich empfinde Kants kategorischen Imperativ als eine wahre Zumutung, eine Knute unter der niemand handeln kann: “Tue stets nur das, wovon du zugleich wollen kannst, dass es allgemeines Gesetz würde.”

Der Verlust der Unschuld ist die erste und unmittelbarste Folge der ersten Erkenntnis. Fast könnte man sagen: Es ist ein Teil dieser Erkenntnis. Erkenntnis ist demnach in der Bibel nicht ausschliesslich positiv belegt. Im Gegenteil: Speziell die erste Erkenntnis war eine negative Erfahrung, die nicht das Leben brachte sondern den Tod. Von daher ändere ich die Definition von Erkenntnis, die ich in dieser Reihe entwickle noch einmal ab und sage, dass Erkenntnis einen Menschen verändert (=in seine Struktur eingreift). Ob das Ergebnis gut oder schlecht ist, hängt von den Umständen und der Erkenntnis ab. Ist die Quelle der Erkenntnis eine göttliche Offenbarung gehe ich per definitionem davon aus, dass das Ergebnis gut ist.

Aus der Geschichte von Adam und Eva im Paradies können wir noch ein paar Sachen über Erkenntnis lernen:

1. Es scheint gut, nach Erkenntnis zu streben
Erkenntnis ist etwas, nach dem man sich ausstreckt, um das man sich bemüht. Eva erschien die Frucht am Baum gut, davon zu essen. es war das erste Mal (und das letzte), dass sie von dem Baum gegessen hatte. Sie musste etwas tun, was für sie völlig neu ist. So ist es auch oft mit der Erkenntnis. Sie kann uns auf den alten Pfaden begegnen, auf denen wir jeden Tag gehen. Aber sie kann uns auch begegnen, wenn wir etwas völlig Neues ausprobieren. Mir scheint es, dass geistliche Entwicklung sich häufiger auf fremden Pfaden ereignet als auf den alltäglichen. Etwas Besonderes entdeckt man häufiger da, wo man noch nicht gesucht hat, als da, wo man immer schon geschaut hat.

2. Erkenntnis hat es etwas spontanes an sich
Erkenntnis ist plötzlich da. Es kann sein, dass wir einen weiten Weg zurücklegen müssen, um zu ihr zu gelangen, aber wenn sie da ist, erscheint sie ganz spontan. Eva ist eine Strecke zum Baum gegangen. Vielleicht war es eine weite Strecke, vielleicht war sie ganz kurz, aber sie ist einen Weg gegangen.
Dann aber ging alles ganz schnell: Sie aß, ihr Mann aß und mit einem Mal wurden ihnen die Augen aufgetan. Wenn wir uns ein bischen Zeit nehmen, inne halten und darüber nachdenken, fallen uns bestimmt viele Situationen ein, in denen uns etwas klar wurde. Manchmal stellt man auf einmal fest, dass man im falschen Leben ist; dass man den Partner mit dem man Jahre zusammen ist nicht mehr liebt, dass einen der Job nervt, oder die Tapete neu gestrichen werden muss. Das muss keine Erkenntnis sein, aber so ungefähr fühlt Erkenntnis sich an.
Es ist wie ein jähes Durchbrechen, ein plötzliches Bewusstwerden, dass es Gott wirklich gibt, oder die eine oder andere Verheissung tatsächlich mich meint.

3. Erkenntnis schafft eine neue Weltsicht
Eine solche Erkenntnis verändert die komplette Weltsicht. Auf einmal sieht alles anders aus. Eigentlich ist gar nichts anders, denn Erkenntnis ist ja nur ein Entdecken von Dingen, Umständen, Tatsachen die immer schon da waren. Aber auf einmal sieht man sie und das führt dazu, dass man die Welt mit anderen Augen sieht.
Adam und Eva waren nackt bevor sie von der Frucht gegessen hatten. Sie waren vorher genauso nackt wie nachher, aber sie haben diese Nacktheit nicht wahrgenommen. Als ihnen die Augen aufgetan wurden, haben sie dasselbe Paradies gesehen wie vorher, aber sie waren so völlig verändert, dass nichts mehr aussah wie vorher.
Jeder, der Jesus erkannt hat, kennt das Phänomen. Vorher hat man die Welt gesehen, wie sie in den Augen der Wissenschaftler ist: Atome, Moleküle, Energie etc. Aber wenn man einmal Gott erkannt hat, lebt man in einer anderen Welt. Man spürt die Gegenwart des Allmächtigen überall, sieht wie Menschen sich unter geistlichen Einflüssen bewegen, versteht Sachen, die man nie verstanden hat usw. Natürlich waren diese Dinge immer da. Es gab immer einen Gott, die Welt war immer grösser als die Ideen der Wissenschaftler, aber wir haben sie vorher nicht so gesehen.

Um diesen wichtigen Teil der Erkenntnis wird es noch in einem späteren Post gehen. Ich möchte aber zum Ende noch eine biblische Geschichte zitieren, die zeigt, wie Erkenntnis die Augen für eine grössere Welt öffnet:

Als der Diener des Gottesmannes am nächsten Morgen aufstand und hinaustrat, hatte die Truppe die Stadt mit Pferden und Wagen umstellt. Da sagte der Diener zu seinem Herrn: Wehe, mein Herr, was sollen wir tun? Doch dieser sagte: Fürchte dich nicht! Bei uns sind mehr als bei ihnen.
Dann betete Elischa: Herr, öffne ihm die Augen, damit er sieht. Und der Herr öffnete dem Diener die Augen: Er sah den Berg rings um Elischa voll von feurigen Pferden und Wagen. Als dann die Aramäer anrückten, betete Elischa zum Herrn und rief: Schlag doch diese Leute mit Verblendung! Und der Herr schlug sie auf das Wort Elischas hin mit Verblendung. (2. Könige 6,15-18 nach der Einheitsübersetzung)

[Originalpost]

Bild: © Klaus-Uwe Gerhardt | pixelio.de

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