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Bibel lesen – aber richtig!

Die Kommentare zu “Komm nicht um!” haben es deutlich gemacht: Ihr denkt, dass ich den ganzen Tag Bibel lese. Der Verdacht liegt auch nahe; einige Posts handelten von der Wichtigkeit des Wortes; ich frage in jeder Predigt, ob die Leute ihre Bibeln mithaben und lege generell viel Wert darauf, dass Christen das Wort Gottes lesen und kennen.
Tatsächlich lese ich aber nicht sehr viel Bibel. Das letzte mal richtig lange einfach nur Bibel gelesen habe ich vor einem Jahr. Ich hatte es früher immer so verstanden, dass schon das Lesen der Bibel es bringen würde (”es”= geistliches Wachstum), musste aber feststellen, dass das so nicht ganz richtig ist. Meine ersten Bibelleseerfahrungen waren ein Griff ins Klo: Nichts verstanden, nur Fragen, überall Widersprüche und nix von Gott gesehen. Mein Fazit damals: Ich kaufe mir einen Kommentar, wahrscheinlich bin ich zu doof, das Wort zu verstehen und brauche einen Ausleger. Also habe ich mir Barclays Kommentar zum NT gekauft – was es nicht besser gemacht hat.
In einem hatte ich aber recht: Ich brauchte einen Ausleger. Was ich nicht wusste ist, dass Gott selber dieser Ausleger sein will, sein Heiliger Geist, der “Geist der Wahrheit” schliesst uns das Wort auf. Nur, den hatte ich da noch nicht. [Bitte keine theologischen Scharmützel darüber, ich war mal Pfingstler!] Später dann, mit dem Heiligen Geist, wurde die Bibel auf einmal lebendig. Aber nicht die ganze Bibel. Meistens hat Gott mir einige Verse wichtig gemacht und ich habe darüber nachgedacht, sie ausprobiert, darüber gebetet usw. Mit der Zeit wurde es eine Sucht: Mehr vom Wort um mehr diese lebendigen Verse zu finden. Also habe ich vorne angefangen und habe die Bibel bis hinten durchgelesen.
Das mache ich auch heute noch so. Wenn ich eine neue Bibel habe fange ich vorne an und lese sie durch. Das dauert aber ganz schön lange, weil ich nicht oft drin lese.
Trotzdem bin ich dauernd “im Wort”. Morgens beim Frühstücken Bibelkassette. Mittags beten mit Bibelversen auf Karteikarten. Abends oder nachts Studium einzelner Verse. Vorm ins Bett gehen Predigtkase. Ich glaube, dass es wirklich nur wenige Minuten am Tag gibt an denen ich kein Wort Gottes im Kopf habe. Vielleicht auch zwei Stunden, keine Ahnung. Aber meistens sind es Themen, die mich beschäftigen und zu denen Gott redet. Die erarbeite ich systematisch aus der ganzen Schrift, denn es heisst in Psalm 119 “die Summe deines Wortes ist Wahrheit”. Mittlerweile meditiere ich so seit etwa 14 Monaten(!) über ein und dasselbe Thema.
Dabei ist meine Methode immer ausgefeilter geworden:

– wenn ich etwas verstanden habe, notiere ich es in mein Notizbuch (kleines Moleskine, liniert). So vergesse ich nicht immer wieder, was ich gelernt habe. Früher ist es mir oft passiert, dass ich mich tierisch über eine Erkenntnis gefreut habe, die ich gerade hatte, nur um dieselbe Erkenntnis irgendwann auf einer alten Predigt zu hören. Das ist uneffektiv und deshalb schreibe ich.
– die Bibelverse schreibe ich rot, den Rest schwarz. So finde ich mich besser zurecht.
– da Offenbarung fortschreitet habe ich im Notizbuch ein internes Verweissystem, das auf verwandte Artikel verweist.
– ausserdem benutze ich farbige “index tabs” um das Buch thematisch zu sortieren. Die Idee habe ich von [depone]
– da ich weiss dass der Glaube aus dem Wort kommt, gehe ich regelmässig das Buch durch und drucke alle Bibelstellen auf C6 Karten aus. Auf den Karten ist der Bibelvers, unten die Verweise auf die Notizbuchseiten und Parallelstellen. Diese Karten nehme ich zum Beten. Ich bete über sie, lerne sie auswendig oder lese einfach welche und bete in Sprachen. Sprachenbeten ist ein super Mittel um mehr von Gott zu schnallen – unbedingt ausprobieren!
– da ich mich nicht gut lange konzentrieren kann ohne mich zu bewegen, laufe ich meist mit den Karten durch die Wohnung. Gelegentlich spiele ich dabei mit einem Rosenkranz.
– zudem lese ich Bücher, die mit meinem jeweiligen Thema zusammenhängen. Aus den Büchern zitiere ich im Notizbuch, ausserdem sind die Bücher auch mit Haftnotizen versehen, so dass ich jederzeit alles schnell wiederfinde.
Diese Methodik stellt ein Gesamtpaket aus beten, lesen, hören, denken, schreiben dar, das sicher nicht jedermanns Sache ist. Aber vielleicht ist ja für dich das ein oder andere dabei. Es ist alles darauf ausgerichtet, die Gedanken auf Jesus zu halten und es ist möglich, das System so abzuwandeln, dass es auch in Phasen funktioniert, die stressig sind und wenig Raum für Kontemplation bieten. So habe ich z.B. immer ein anderes Notizbuch und ein Elberfelder-NT dabei und lese in Wartezimmern, Schlangen usw.
Seltsamerweise habe ich mehr als zehn Jahre Christsein gebraucht um zu verstehen, wie wichtig das Wort wirklich ist und wie man es anwendet. Offenbar ist eine Entwicklung nötig um so zu leben, dass geistliches Wachstum schnell geht. Ich bin immer noch am Anfang, merke aber, dass ich schneller wachse als früher. Ich war immer “ein Mann des Gebetes” und habe den grössten Teil meines Christseins nach der Uhr mindestens eine Stunde am Tag gebetet, das hat mir sehr viel gebracht. Aber rückwirkend stelle ich fest, dass es oft hauptsächlich deshalb was gebracht hat, weil der Heilige Geist mir im Gebet Bibelstellen ins Gedächtnis gerufen hat. Dieses Aufnehmen und Lebendig-Werden des Wortes will ich gerne effektiver gestalten durch geeignete geistliche Disziplin.

Stumpf Bibellesen ist keine geeignete Disziplin, aber besser als nichts.

[Originalpost]

Bild: © Gerd Altmann | pixelio.de

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